Ein Bus steht vor unserer Jurte. Mit Platz für 20 Personen.
Für euer Gepäck lacht Aimee. Dachte der Jeep sei zu unbequem für alles. Statt 45 Minuten rumpeln wir in gemütlichen 90 Minuten zum
Flughafen. Abends um 7 statt morgens um 5. Mongolische Pferdehaargeigenmusik begleitet von
Kehlkopfgesang dröhnt aus der Musikanlage des Busses. Der Fahrer wackelt mit
dem Kopf dazu.
Die Schlange beim Einchecken ist trotzdem noch lang, als wir
endlich den Flughafen erreichen. Bei der Einreisekontrolle staut es sich auch.
Ich habe Monat und Tag beim Ausreisedatum verwechselt, muss einen neuen Zettel
holen, mich erneut anstellen. Das Flugzeug wartet ja. Hoffentlich.
Der Flieger ist brechend voll. Zwischen mir und Levi auf der
einen Seite am Fenster und Markus auf der anderen am Gang sitzt ein Mongole. Er
hält sein Handgepäck fest umklammert. Der Flieger hat Verspätung. Kurz vor dem
Start haben wir dem Mann verständlich machen können, dass es total ok ist, wenn
er auf Markus Gangplatz Platz nimmt.
Puh. Als wolle uns die Mongolei nicht
loslassen.
Kaum aus dem Flugzeug herausgestiegen falle ich fast über
den schlanken Chinesen mit meine Namen auf einem Schild in seiner Hand. Ich
nicke ihn an. Er greift einen der zwei Rucksäcke, die Markus schleppt, und
rennt los. Wir hinter her. Levi sitzt mit wehenden Haaren im Kinderwagen. Bei den übervollen Einreiseschaltern lotst er uns zum leeren
Baby- und Handicapped Schalter, dann vorbei an von Norman Foster gestalteten
Glas- Stahlwänden und elektronischen englisch-chinesischen BMW- und
Allianzplakaten zur fahrerlosen Metro, die unseren Terminal mit dem Gebäude, in
dem unser Gepäck trotz unseres Laufschrittes schon auf uns wartet verbindet.
Kleine Verschnaufpause: der nächste Zug kommt in zwei Minuten.
Alles ist weiß, es riecht nach Nichts. Hohe Decken,
geräumige Gänge. Ich atme tief durch. Laboratmosphäre. Der Zug fährt ein und weiter geht’s. Die Luft um mich
herum wird wieder eng. Millionen
Chinesen drängen in den Zug, der noch nicht einmal steht. Der Masse ist es
völlig egal, ob Levis Kinderwagen an der Schwelle zur Bahn hängen bleibt, oder
ich müde bin. Und auch ich bin so im Rausch, dass ich nur darauf fokussiere zu
funktionieren. Und so funktioniert auch alles: Alle kommen in den Zug, ohne dass sich chaotische Menschenknäule
bilden. Und ohne Schwund steigen alle wieder aus. Total faszinierend. Selbst Hindernisse,
langsamere Menschen beispielsweise, wie ich mit Levi, werden
schwarmintelligent umschwommen.
Trotz der Menschenmassen ist alles angenehm ruhig. Es wird
wenig geredet im Rahmen unserer Flughafensprintgruppe, aber auch sonst dringen
kaum Geräusche, wie ich sie von anderen Flughäfen kenne an mein Ohr.
25 Minuten nach der Landung sitze ich in einem nach Jasmin
duftenden Auto, ein Mineralwasser in der Hand, Levi schnarchend neben mir. Das
komplette Gepäck in Null Komma Nichts verstaut. Markus auf dem Beifahrersitz.
Ich bin so unter Strom, dass ich gar nicht weiß, was ich sagen soll. Also
herrscht Schweigen während wir auf dem Aiport Express Highway durch die Nacht
brausen.
Wow. Chinesische Perfektion.
Und so geht es weiter. Alles wirkt wohldurchdacht. Die
Straßen, die warme Beleuchtung, die Hochhäuser. Kein Funke wuseligen Chaos. War
wahrscheinlich eine geniale Idee, abends um 23 Uhr in Peking zu landen und
nicht mittags um 12.
35 Minuten später kommen wir in der Hotellounge an, 5 Minuten später sitzen wir mit zwei Bier auf dem Balkon unseres Zimmers, lassen uns die laue Pekinger Nachtluft in Sanlitun
Li um die Nase wehen und grübeln darüber, warum den Deutschen Prozeßoptimierungs- und
Organisationstalent nachgesagt wird.
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