Seit 15 Minuten stehen wir vor der Zugtür. Im fahrenden Zug.
Banyangobi ist ein Halt mitten im Nichts. Er unterscheidet sich damit durch
nichts von den 35.000 vorherigen Stopps unseres mongolischen Bummelzuges.
Insbesondere gibt es keine Ortschilder, Bahnsteige oder sonstige gelernte
Orientierungsmöglichkeiten.
Woher wissen die Menschen, wo sie sind, dass sie aussteigen
müssen? frage ich Nara. An der Uhrzeit, antwortet die.Sind mongolische Züge denn immer pünktlich? frage ich
weiter.
Unser Zug ist es nicht. Der Schaffner kann uns gerade noch
davon abhalten, unser Gepäck in den Sand
zu werfen.
Wir erkennen Bayanbgobi anhand des Jeeps, der genau dort parkt, wo wir halten, im Inneren schläft der Fahrer, der uns von unserer geliebten Sonnenterrassenjurte zum Bahnhof gebracht hat. Bremsen quitschen, Gepäckstücke fliegen, Menschen hüpfen auf den imaginären Bahnsteig, der Zug dröhnt und fährt weiter. Wenn er Verspätung hat, fallen die Stopps noch kürzer aus, erklärt Nara. Wir klopfen uns noch den Sand aus den Kleidern, da ist vom Zug schon nichts mehr zu sehen oder zu hören. Jetzt ein Bier. Aber Nara hat mit Hilfe des Fahrers schon wesentliche Teile unseres Gepäcks verstaut. Trödeln scheint nicht drin zu sein. Wir müssen vor Dunkelheit im Camp sein. Im Dunkeln ist es schwer zu finden. Der Fahrer braucht die Hügel, um sich zu orientieren. Leuchtet ein.
Nach 1,5 Stunden Fahrt kommen mir Zweifel. Nicht nur, weil alle Hügel gleich aussehen. In meinen Augen. Sondern auch, weil der Fahrer mehrmals die einmal nachgefahrene
Autospur verlassen hat, über spurfreie Steppe gebraten ist, um irgendwann
wieder auf einer Autospur einzufädeln, der er erneut für unbestimmte Zeit
folgt. Bis das Spiel von vorne losgeht: Blick auf die Hügel, abruptes Verlassen
der Spur, hektisches Hin- und Herschauen auf die Hügel, vermute ich, dann
wieder das Einfädeln auf einer gefühlt immer weniger sichtbare Spur. Straßen
gibt es hier nicht. Nicht mal Schotterpisten. Das Maximum an Zivilisation ist
die eine oder andere Jurte, auf die, sobald sie ins Blickfeld geraten, der
Fahrer erst einmal zuhält. Manchmal hält er, um Fragen zu stellen, manchmal
dreht er vorher ab. Und die mehr oder weniger sichtbaren Autospuren. Könnten
aber auch Fata Morganen sein. Oder heißt das Morganas? Egal. Die Abenddämmerung taucht alles in ein leicht gespenstisches
Licht. Wie oft hat der Fahrer denn das Camp schon gefunden? frage
ich Nara. Einmal. Aha.
Nach 2,5 Stunden rumpeliger Fahrt wird Levi unruhig. Kann
ich irgendwie nachvollziehen.
Kommen dem Fahrer die Hügel hier irgendwie bekannt vor?
frage ich Nara. Nach einer kurzen Unterhaltung auf mongolisch sagt Nara: die
Mongolen finden die Wege, indem sie in sich hineinhören. Sie lacht. Intuitives
Autofahren.
Gerade, als ich mich auf eine kalte Nacht zu Fünft im Jeep
einstelle, sehe ich etwas Weißes zwischen zwei Hügeln hervorblitzen. Drei Minuten später stehen wir vor unserem Camp im Nature
Reserve Ikh Nart. Der Fahrer wischt sich den Schweiß von
der Stirn, und zündet sich eine Zigarette an.
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Ich finde es sehr mutig von euch so eine Reise zu machen ;-) HUt ab und weiter eine Gute Reise ohne zwischenfälle ;-)
AntwortenLöschenok, das probier ich auch mal die tage, "intuitiv übers meer fahren" - so in etwa? ^^
AntwortenLöschenSchoen!!
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